Landkreis Holzminden (red). Das neu veröffentlichte Bundeslagebild „Häusliche Gewalt 2024“ des Bundeskriminalamtes zeigt ein weiterhin alarmierendes Ausmaß an Gewalt gegen Frauen. Auch im Landkreis Holzminden sind viele Mädchen und Frauen betroffen. Die kommunale Gleichstellungsbeauftragte Carina Stegemann weist eindringlich darauf hin, dass Gewalt dort entsteht, wo Abhängigkeiten bestehen und gesellschaftliche Aufmerksamkeit fehlt. Prävention, Beratungsstrukturen und konsequente strafrechtliche Verfolgung seien daher unverzichtbar.
Systemische Ursachen von Gewalt sichtbar machen
Das Lagebild verdeutlicht erneut, dass Gewalt gegen Frauen tief in gesellschaftlichen Strukturen verwurzelt ist. Ungleiche Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern sowie traditionelle Rollenbilder begünstigen Abhängigkeiten, die insbesondere in Partnerschaften zu schwerwiegenden Belastungen und Gefährdungen führen. Finanzielle Abhängigkeiten können zudem verhindern, dass Betroffene sich aus gewaltvollen Beziehungen lösen.
Präventionsangebote müssten verstärkt bei Jungen und Männern ansetzen. Nur so ließen sich Gewalthandlungen langfristig reduzieren. Gewalt gegen Frauen verursache nicht nur persönliches Leid, sondern belaste Staat und Gesellschaft jedes Jahr mit Milliardenbeträgen.
Partnerschaftsgewalt trifft vor allem Frauen
Partnerschaftsgewalt wird überwiegend von Männern ausgeübt. Besonders kritisch sind Trennungs- und Scheidungssituationen, in denen Frauen ein erhöhtes Risiko tragen. Studien wie die Mitte-Studie 2024/2025 der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigen zudem, dass gewaltvolles Verhalten gegenüber Frauen zunehmend verharmlost oder als „normal“ betrachtet wird. Fachstellen sehen darin ein deutliches Warnsignal und fordern zügiges Handeln.
Ein zentrales Anliegen ist eine geschlechtersensible Präventionsarbeit, die frühzeitig bei Jungen ansetzt. Parallel dazu müsse die Täterarbeit ausgebaut werden, um gewalttätiges Verhalten nachhaltig zu reduzieren.
Istanbul-Konvention verpflichtet Politik zum Handeln
Seit 2018 ist die Istanbul-Konvention in Deutschland verbindlich. Sie fordert umfassende Schutzmaßnahmen für Mädchen und Frauen, die von Gewalt betroffen sind. Dazu gehören ausreichend Schutzplätze, qualifizierte Beratungsangebote und ein klar ausgebautes Präventionssystem. Nach der Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes auf Bundesebene müsse nun die konsequente Umsetzung in den Ländern folgen, damit betroffene Frauen unabhängig vom Wohnort verlässlich Unterstützung finden.
Klarer Appell der Gleichstellungsbeauftragten
Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Holzminden stellt sich solidarisch an die Seite aller betroffenen Frauen und Mädchen. Die Botschaft lautet: Schweigen brechen, Betroffene stärken und Gewalt sichtbarer machen.
Forderungen für besseren Schutz
Für eine wirksame Gewaltprävention und Unterstützung gewaltbetroffener Frauen formuliert die Arbeitsgemeinschaft klare Forderungen:
- Umfassende und intersektionale Umsetzung des Gewalthilfegesetzes, einschließlich verstärkter Täterarbeit
- Anpassung von Asyl- und Aufenthaltsrecht für besseren Zugang zu Schutz und Beratung für geflüchtete Frauen
- Umsetzung der 47 Handlungsempfehlungen zur Prävention geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt mit ausreichenden Mitteln
- Anpassung des Sorge- und Umgangsrechts gemäß Istanbul-Konvention, um häusliche Gewalt stärker zu berücksichtigen und Kinder wirksam zu schützen
- Weiterentwicklung des Rechtsrahmens im Bereich digitaler Gewalt und Erweiterung relevanter Straftatbestände