Beverungen (red). Norbert Schröder, Ortsheimatpfleger in Tietelsen, leistet eine außergewöhnlich gute Arbeit. Seine Aufarbeitung der Geschehnisse in Tietelsen rund um das Kriegsende im Frühjahr 1945 ist so überzeugend gelungen, dass TV-Schauspieler Roman Knižka (55) sie für seinen Auftritt in der Stadthalle Beverungen verwendet hat. „Ich kenne das aus der Schule, aber es hier auf der Bühne in diesem Kontext zu erleben, das hat natürlich was“, sagt Schülerin Lea.
Die Kulturgemeinschaft Beverungen ist in die neue Spielzeit gestartet. Auf der Bühne der Stadthalle standen Schauspieler Roman Knižka und das preisgekrönte Bläserquintett Opus 45 mit ihrer Konzertlesung „Dass ein gutes Deutschland blühe“ über die letzten Kriegstage und den schmerzhaften Weg zurück in die Normalität.
Es war mehr als eine Lesung mit Musik. Knižkas Vortrag war ein von Musik begleiteter szenischer Monolog von beklemmender Intensität. „Dass ein gutes Deutschland blühe“ erzählte in literarischen Texten, Reportagen und Zeitzeugnissen von einem Land zwischen Apokalypse und Aufbruch, von der Ankunft der Sieger, von der Konfrontation der Deutschen mit den Gräueltaten des NS-Regimes, dem Schicksal jüdischer KZ-Überlebender, die nach ihrer Befreiung als „Displaced Persons“ durch das Land der Täter irrten, von Hungerwintern, Vertriebenen und Kriegsheimkehrern. Politische Zäsuren wie die Potsdamer Konferenz, die Nürnberger Prozesse, die Währungsreform oder die Berlin-Blockade wurden ebenso thematisiert wie die im Alltag häufig fragwürdige Praxis der Entnazifizierungsverfahren. Aber auch ganz konkret örtliche Ereignisse fanden ihren Platz.
Es hätte ein ruhiges und unspektakuläres Kriegsende in Beverungen und Umgebung werden können. So erwarteten es auch die Menschen in Tietelsen, erzählt der Zeitzeuge Johannes Saggel, der damals als Kind miterlebte, wie die Kriegshandlungen am 6. April 1945 sein Heimatdorf erreichten. Statt einer friedlichen Kapitulation kam es zwei Tage vor dem offiziellen Kriegsende zu sinnlosem Tod und Zerstörung in einem beschaulichen Ort, der bis dahin vom Krieg verschont geblieben war. 60 Soldaten der Waffen-SS mit vier Panzern sprengten Teile des Dorfs ohne Rücksicht auf die dort lebenden Menschen in die Luft, um die vorrückenden Amerikaner aufzuhalten. Auch die Beverunger Weserbrücke wurde zerstört. Die einzig Leidtragenden war die Zivilbevölkerung.
„Leider ist so eine Veranstaltung, auch wenn sie wirklich gut gemacht wird, kein großer Publikumserfolg. Aber als Kulturgemeinschaft haben wir auch einen Bildungsauftrag, den wir sehr ernst nehmen, und darum werden wir auch weiterhin an solchen Angeboten festhalten“, betont die stellvertretende Kulturgemeinschaftsvorsitzende Nathalie Nesseler.
Nächster Programmpunkt der Kulturgemeinschaft ist eine musikalische Lesung über das Leben von Astor Piazzolla, einem Ausnahmekomponisten und außergewöhnlichen Menschen, der sich selbst trotz gewaltiger Widerstände treu blieb. Cordula Sauter ist mit ihrem Programm „Astor Piazzolla – Mehr Tango geht nicht!“ am Freitag, 19. September, im Korbmacher-Museum Dalhausen zu Gast (Beginn 20 Uhr). Bis Anfang Oktober folgen drei Abende mit humoristischem Schwerpunkt: der Loriot-Theaterabend mit Martin Brambach am Freitag, 26. September, die Nightwash-Comedy am Sonntag, 28. September, und das Kabarett-Solo mit Thomas Philipzen am Sonntag, 5. Oktober.
Alle Informationen zum Programm der Kulturgemeinschaft gibt es auf der Homepage (kulturgemeinschaft-beverungen.de) und im Kulturbüro Beverungen: Tel. 0 52 73 / 392 223.
Foto: Kulturgemeinschaft