Holzminden (sst). Gemeinschaft, Zusammengehörigkeitsgefühl und riesiges Engagement. Vergangenen Freitag wurde Christiane Harbort-Ring im JAZZ-Club Holzminden für ihre zahlreich sozialen Tätigkeiten im Bereich der Integration von Flüchtlingen mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet. Bereits beim Eintreffen überreichten viele der Gäste der Engagierten Geschenke und richteten die größten Glückwünsche aus. Der Club war sehr gut besucht und es kam viel Freude beim Wiedersehen aller Besucher auf. 

Zum Ambiente passend diente als Einstieg keine einleitende Rede, sondern das Stück „Apreś un reve“ von Klarinette und Klavier inszeniert. Diese musikalische Einstimmung fungierte als Überleitung zur Rede des Landrates Michael Schünemann. Jener lobte Christiane Harbort-Ring für ihr jahrzehntelanges intensives Kümmern. Sie wurde 2009 zur ehrenamtlichen Integrationslotsin, wo sie Flüchtlinge unterstützte, Fuß in Deutschland zu fassen. Flüchtlinge würden einen Kulturschock erleiden und eine große psychische Last mit sich tragen. Dabei sei jede hilfreiche Hand wertvoll. „Genau diese Hand reicht Christiane Harbort-Ring seit 13,5 Jahren“, schilderte der Landrat. Dabei gewinne die Ehrenamtliche immer wieder neues Vertrauen zu ihren „Schützlingen“, wie sie die Flüchtlinge selbst nennt, die sie betreut. Vertrauen zu gewinnen, ist dabei noch viel wichtiger als die Sprachbarrieren zu überwinden, damit sich ihre Schützlinge wohlfühlen können und nicht mehr ängstlich zu sein brauchen.

Darüber hinaus besucht Christiane Harbort-Ring Arbeitskreise zum Thema Asyl oder Weiterbildungen zur Beförderung der Migration und ist Mitgründerin der Aktion „Seebrücke Holzminden“. Die Seebrücken-Gruppierung will die europäische Einwanderungspolitik optimieren. Da die Hilfe der engagierten Christiane Harbort-Ring sozialer und psychologischer Natur ist und keine Gegenleistung oder Eigenprofit erwartet wird, zeichnet sich ihr Handeln als ehrenvoll aus. „Ihr privates Tun ist notwendig, um die Politik in Bewegung zu halten. Denn Sie sind da, zeigen Flagge und sind durchaus unbequem, was für Ihr Durchsetzungsvermögen spricht, aber den Landkreis oft ins Schwitzen bringt“, erklärte Michael Schünemann belustigend. Trotz der mit dem Engagement verbundenen Anstrengungen überreicht der Landrat Christiane Harbort-Ring feierlich den Bundesverdienstorden vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier höchstpersönlich unterzeichnet. Bei der Verleihung erklingt viel Applaus und Jubeln, als wäre das Publikum ein Spiegelbild für die Freude der ehrenamtlich Engagierten.

Dabei wurde der Orden bereits am 16.12.2023 zugesprochen, vergangen Freitag war vielmehr die Aushändigung von jenem. Michael Schünemann überlässt nun der Ausgezeichneten das Wort. „Guckt euch um, wir sind so viele! Wir sind keine Spinner oder Exoten, sondern Menschen mit demselben Denken“, leitete sie ihre Rede mit Enthusiasmus dank der zahlreichen Gäste ein. Im JAZZ-Club versammelten sich nämlich Menschen von der Elfenbeinküste, Afghanistan, Georgien, Iran, Nigeria, Eritrea oder auch Syrien. „Es kommt durch Ihren Verdienst fast die ganze Welt zusammen“, schätze der Holzmindener Bürgermeister Christian Belke die harte Arbeit von Christiane Harbort-Ring.

Die engagierte Rentnerin begründete ihre erfolgreiche Arbeit auf der Tatsache, dass sie in Holzminden über sehr viele Kontakte verfüge und ihre Schützlinge entsprechend gut vermitteln kann. Des Weiteren übersetzt sie Briefe und Schreiben von Behörden. Meist ist es bereits für deutsche Staatsbürger schwierig, derartige Schreiben nachzuvollziehen, aber wie soll dies jemand beherrschen, der nicht mal der deutschen Sprache mächtig ist. „Man kann doch nicht wichtige Briefe verschicken, mit dem Wissen, dass jene nicht verstanden werden!“, drückte Christiane Harbort-Ring ihr Bedauern und Entsetzen aus. Sie schmückt ihre Rede weiter mit Eindrücken und vergangenen Geschehnissen aus, die manche überrumpelt haben. Es wird das Beispiel herangeführt, dass Mädchen in anderen Ländern im Bereich der Bildung vollständig ausgeschlossen werden oder vor ihren Vätern, die als Beschützer agieren sollten, fliehen, da die Väter ihre jungen Töchter mit reichen, alten Männern verheiraten wollen. Durch ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Ausland hat Christiane Harbort-Ring für sich den Entschluss gefasst, die Menschen in Frieden zusammenführen zu müssen. Denn das ist es, was sie glücklich macht. Anscheinend ist sie dabei auch erfolgreich, denn sie würde ein Gefühl von Sicherheit vermitteln laut ihrer Schützlinge, zumal sie für die Flüchtlinge als Sprachrohr diene und ohne sie stumm seien. Dass Christiane Harbort-Ring da ist, wo sie gebraucht wird, bestätigte auch Christian Belke als Bürgermeister im Namen der Stadt Holzminden, aber auch als Privatperson. Er ist der Meinung, dass der Orden die Engagierte nicht nachlassen lässt in ihrer Tätigkeit, sondern noch vielmehr motiviert.

Da mit Musik begonnen wurde, wurde auch mit Musik weitergemacht. Durch die musikalische Begleitung in Form einer Gitarre wurden Lieder wie „Die Gedanken sind frei“, „We Shall Overcome“ und „Krieg ist Krieg“ gesungen. Das Publikum stimmte dabei immer mit ein, sodass eine große Mitmachathmosphäre entstand. Das zuletzt genannte Lied wurde dabei interaktiv eingeleitet. Unter anderem durch Salma Mohsseni, die mit zwei weiteren Frauen das Lied zunächst als Gedicht vorgetragen hat. Die Mohsseni-Familie konnte sich dank Christiane Harbort-Ring in Deutschland eingewöhnen. Die letzte Strophe des Gedichtes wurde dabei ausgedruckt, an jeden im Publikum verteilt, dass sie zusammen gesprochen wurde und ein einheitliches Vortragen erklang. Der Text lautete: „Alle, die hier zusammen kamen, wollen, weil wir uns einig sind, dass niemand mehr in unserem Namen, je wieder einen Krieg beginnt!“ Und in diesem Sinne handelt auch Christiane Harbort-Ring, denn, wenn Integration einen Zweitnamen hätte, wäre es der ihrige.

Das Treffen wurde mit einem gemeinsamen Essen abgerundet. Das pure Willkommens- und Gemeinschaftsgefühl war während der gesamten Veranstaltung zu spüren.

Fotos: sst