Holzminden (red). Wie der Polizei am erst gestrigen Nachmittag bekannt wurde ging bereits am vergangenen Montag bei einer 87-Jährigen aus Holzminden ein Anruf ihrer angeblichen Enkelin ein. Mit einem freundlichen "Hallo Oma, wie geht es dir?" wurde das Gespräch begonnen. Die ältere Dame, die in der Tat eine Enkeltochter hat, aber die Stimme zunächst nicht erkannte, fragte daraufhin: "Nadine, bist du das?", und damit nahm das Verhängnis seinen Lauf.

Die angebliche Enkelin gab schließlich an von einer Freundin aus Göttingen eine Eigentumswohnung kaufen zu wollen und den erforderlichen Kredit bereits aufgenommen zu haben. Jetzt benötige sie aber noch kurzfristig einen hohen Bargeldbetrag, den sie sich leihen, aber dann umgehend zurückzahlen wolle, wozu sie noch die IBAN der älteren Dame erfragte.

Nachdem diese von der Dringlichkeit des Anliegens überzeugt wurde, bestellte ihre "Enkelin" ihr ein Taxi, mit dem sie noch am Vormittag zu ihrer Hausbank, einem ortsansässigen Institut, fuhr. Dort von einer Mitarbeiterin auf die hohe Summe angesprochen, sagte sie nur, dass sie das Geld für ihre Kinder benötige - daraufhin wurde ihr dann die Summe an der Kasse ausgezahlt. Anschließend fuhr sie mit einem eigens zur Bank bestellten Taxi nach Hause.

Kurz darauf erhielt sie dann einen Anruf eines Mannes, der sich als Mitarbeiter des Kreditunternehmens ausgab, bei dem die angebliche Enkelin ihr Konto unterhielt. Dieser gab an, dass das Geld für die Rückzahlung bereits eingegangen sei, aber erst am Mittwoch bei der Bank der älteren Dame eingehen würde. Gegen 17.30 Uhr rief dann die angebliche Nichte erneut bei ihrer Oma an und teilte mit, dass sie es selbst nicht mehr rechtzeitig schaffen würde das Geld abzuholen und daher eine Mitarbeiterin eines Notars, eine Frau Mai, vorbeikommen würde. Diese stünde auch bereits vor der Haustür. Dort kam es dann auch zur Geldübergabe. Im Laufe des Abends rief dann die angebliche Enkelin nochmals an und fragte ob die Geldübergabe erfolgt sei und erklärte gleichzeitig, dass sie sich am folgenden Tag nochmals melden würde.

Am Dienstag rief dann sie dann gegen 10.00 Uhr wie versprochen an und bat um einen weiteren hohen Geldbetrag, da sie angeblich hohe Verzugszinsen zu zahlen habe. Sie bettelte so lange, bis die 87-Jährige schließlich einwilligte ihr nochmals Geld zu leihen. Auch ihr 91-jähriger Ehemann, der zwischenzeitlich Argwohn hegte, war nach einem Telefonat davon überzeugt, mit der Nichte gesprochen zu haben. So fuhr die Dame dann wieder mit einem Taxi zu ihrer Hausbank und hob einen gleichhohen Geldbetrag wie am Vortage von ihrem Sparbuch ab. Dem Mitarbeiter am Kassenschalter erklärte sie, das Geld für einen anderen Familienangehörigen zu benötigen. Gegen 14.00 Uhr, die ältere Dame war gerade einkaufen, rief dann die Enkelin erneut an und teilte dem Ehemann mit, dass wieder eine Mitarbeiterin des Notars vor der Tür stehe und das Geld in Empfang nehmen würde, welches dieser dann auch übergeben wurde. Erst als das Ehepaar anschließend erstmals selbst bei der richtigen Nichte anrief, stellte sich heraus, dass sie betrogen wurden.

Die Ermittlungen der Polizei in dem Fall dauern derzeit noch an. So oder so ähnlich gehen Kriminelle beim sog. "Enkeltrick" vor, um an das Vermögen älterer, gutgläubiger Menschen zu kommen - und leider haben sie oftmals auch Erfolg. Mit den Worten "Rate mal, wer hier spricht" oder ähnlichen Formulierungen rufen die Betrüger an und geben sich als Verwandte, Enkel oder Bekannte aus und bitten kurzfristig um Bargeld. Als Grund wird ein finanzieller Engpass oder eine Notlage vorgetäuscht, beispielsweise ein Unfall, ein Auto- oder Computerkauf. Die Lage wird immer äußerst dringlich dargestellt. Oft werden die Betroffenen durch wiederholte Anrufe unter Druck gesetzt. Sobald das Opfer zahlen will, wird ein Bote angekündigt, der das Geld abholt. 

Hat der Betroffene die geforderte Summe nicht parat, wird er gebeten, unverzüglich zur Bank zu gehen und dort den Betrag abzuheben. Nicht selten - wie in diesem Fall auch - ruft der Täter sogar ein Taxi, wenn das Opfer den Weg nicht mehr zu Fuß bewältigen kann. Häufig stehen hinter den Betrügereien gut organisierte Banden, die vom Ausland aus anrufen, wobei sie systematisch die Telefonbücher auf der Suche nach älter klingenden Vornamen durchsuchen, in der Annahme auf gutgläubige Seniorinnen oder Senioren zu treffen, ähnlich wie bei den Anrufen angeblicher Polizeibeamter (die Polizei Holzminden berichtete bereits mehrfach hierzu).

Im Zusammenhang mit den Enkeltrick gibt die Polizei daher nachfolgen dringende Hinweise

  • Seien Sie misstrauisch, wenn sich jemand am Telefon nicht selbst mit Namen vorstellt.
  • Legen Sie einfach den Telefonhörer auf, sobald Ihr Gesprächspartner Geld von Ihnen fordert.
  • Vergewissern Sie sich, ob der Anrufer wirklich ein Verwandter ist: Rufen Sie die jeweilige Person unter der bisher bekannten und benutzten Nummer an und lassen Sie sich den Sachverhalt bestätigen.
  • Geben Sie keine Details zu Ihren familiären oder finanziellen Verhältnissen preis.
  • Übergeben Sie niemals Geld an unbekannte Personen.
  • Wenn Sie Opfer geworden sind: Wenden Sie sich an die Polizei und erstatten Sie Anzeige.
  • Taxiunternehmen sollten misstrauisch werden, wenn ungewöhnliche Kurierfahrten, insbesondere vom Ausland aus, "gebucht" werden. 
  • Informieren Sie sofort die Polizei über die 110, wenn Ihnen ein Anruf verdächtig vorkommt.