Hannover (red). Niedersachsen verschärft seinen Kampf gegen die Klimakrise. Der Entwurf des Klimaschutzgesetzes der Fraktionen von SPD und Grünen stand am (heutigen) Montag zur abschließenden Beschlussfassung im niedersächsischen Landtag. „Mit der Novelle des Gesetzes reduzieren wir das verfügbare CO₂-Budget noch einmal deutlich, ermöglichen mehr Wind- und Solarenergie und erfüllen die internationalen Klimaziele. Niedersachsen wird damit zum Energiewende- und Klimaschutzvorreiter in Deutschland“, so Klimaschutzminister Christian Meyer. „Wir beschleunigen das Tempo beim Klimaschutz durch einen neuen Vorrang auch für Klimaanpassungsmaßnahmen wie den Deichbau und durch beschleunigte Genehmigungen für die Energiewende und Transformation. Es ist ein Gesetz des Ermöglichens und Machens. Und wir stärken die Kommunen durch eine dauerhafte und stabile Finanzierung für die kommunale Wärmeplanung sowie die Erstellung und Umsetzung von Klimaschutzkonzepten und bei der Einwerbung von Fördermitteln.“

Wesentliche Eckpunkte der Novelle des Klimaschutzgesetzes

Niedersachsen setzt sich ambitionierte Ziele, um den notwendigen Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise zu leisten:
Niedersachsen ist als Agrarland und mit seiner langen Küstenlinie Hauptbetroffener mit Dürren, Hitze, Meeresspiegelanstieg durch die menschengemachte Klimakrise. Bereits jetzt ist die Temperatur in Niedersachsen um mehr als 1,7 Grad gestiegen und die Zahl der Hitzetage sowie der Wassermangel nehmen zu. Noch nie seit Aufzeichnung der Wetterdaten war es weltweit – und in Niedersachsen – so heiß wie 2023. Die Klimaziele werden gemäß dem Pariser Weltklimaabkommen mit der Novelle daher angehoben und der Minderungspfad verkürzt. Niedersachsen wird als Land der Erneuerbaren Energien und des grünen Wasserstoffs fünf Jahre früher klimaneutral als der Bund.

  • Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen des Landes um 75 Prozent verringert werden, bis 2035 um 90 Prozent und im Jahr 2040 soll Treibhausgasneutralität erreicht werden.
  • Für den Bereich der Landesverwaltung gilt ein Reduktionspfad von 80 Prozent bis 2030 und Treibhausgasneutralität im Jahr 2035. Das Land ist also Vorbild.
  • Für ein besseres Erreichen der Klimaziele werden in der Klimaschutzstrategie jährliche Zwischen- und Sektorziele aufgenommen.
  • Für den für Niedersachsen so zentralen Bereich der kohlenstoffreichen Böden werden erstmals konkrete Minderungsziele festgelegt – und zwar: die Minderung der jährlichen Treibhausgasemissionen aus kohlenstoffreichen Böden bis zum Jahr 2030 um 1,65 Millionen Tonnen bezogen auf die Emissionen aus kohlenstoffreichen Böden im Vergleichsjahr 2020.
  • Weil wir trotz aller Anstrengungen im Klimaschutz schon jetzt die Folgen nicht mehr aufhalten können, wird auch der immer wichtigere Bereich der Klimafolgenanpassung wie Deicherhöhungen und Schutz vor Starkregenereignissen als Zielsetzung aufgenommen.

Kommunaler Klimaschutz ist Pflichtaufgabe und wird vom Land dauerhaft finanziert:

  • Mit der Novelle werden die Anforderungen an kommunalen Klimaschutz in Niedersachsen durch das Land finanziell und organisatorisch besser unterstützt und gestärkt: Die bereits bestehenden Pflichtaufgaben werden erweitert um die Vorgabe für alle Landkreise und kreisfreien Städte, ein Klimaschutzmanagement einzuführen und damit auch eine Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen organisatorisch zu gewährleisten.
  • Klimaschutz ist in Niedersachsen damit kommunale Pflichtaufgabe und wird vom Land auch dauerhaft finanziell unterstützt:
  1. Ab 1.1.2024 finanziert das Land mit insgesamt 11,7 Millionen Euro pro Jahr die kommunale Wärmeplanung und das Erstellen von Klimaschutzkonzepten in den Kommunen.
  2. Damit werden ab 1.1.2024 dauerhaft mindestens zwei Stellen pro Landkreis und kreisfreier Stadt für Klimaschutz vom Land finanziert.
  3. Ab 1.1.2026 stellt das Land pro Jahr zusätzlich 2,02 Millionen Euro für ein Klimaschutzmanagement und 1,94 Millionen Euro für die Erstellung von Entsiegelungskatastern bereit.
  • Erleichterte Investitionen in Klimaschutz: Kommunen können bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen „externe Effekte“ wie CO2-Schattenpreise oder Einsparungen von Treibhausgasemissionen besser berücksichtigen.
  • Erleichterte Wärmeplanung: Neben der finanziellen Unterstützung bei der Wärmeplanung für alle großen und mittleren Städte (insgesamt 95 Orte mit mehr als 4,5 Millionen Menschen) bekommen die Kommunen nun auch erleichterten Zugang zu den Daten der örtlichen Energieversorger für eine fachgerechte Planung der Wärmenetze.

Niedersachsen richtet einen unabhängigen Klimarat ein:

  • Ein neu einzurichtender Klimarat wird die Landesregierung in Bezug auf die Weiterentwicklung der Klimaschutzpolitik beraten.
  • Der Klimarat soll dabei insbesondere eine wichtige Rolle bei Bewertung der bisherigen Maßnahmen und der Frage ihres Beitrags zur Zielerreichung übernehmen und kann auch neue Maßnahmen vorschlagen.

Das Land berücksichtigt bei zentralen Maßnahmen und Verfahren die Klimaziele:

  • Klimacheck: Vor dem Erlass von Gesetzen und Verordnungen sowie bei Maßnahmen von finanzieller Bedeutung sind künftig die Auswirkungen auf die Klimaziele zu prüfen. Dies ergänzt die schon enthaltenen Vorgaben zur Berücksichtigung von Klimaschutz bei Förderungen/Zuwendungen und bei Beschaffungen/Investitionen.
  • Klimavorrang: Klimaschutz erhält in Zulassungs- oder Genehmigungsverfahren nach Landesrecht ein besonderes Gewicht, z.B. wird das Denkmalschutzgesetz so ergänzt, dass nicht nur Erneuerbare Energien in der Abwägung (etwa Solar auf Dächern) einen Vorrang haben, sondern alle dem Klimaschutz dienende Maßnahmen wie etwa auch Deicherhöhungen oder Hochwasserschutz.
  • Klimaturbo: Alle klimarelevanten (Genehmigung-)Verfahren des Landes sollen in den Behörden zur Beschleunigung künftig vorrangig bearbeitet werden, also z.B. Genehmigungen für Netzausbau, Straßentransporte von Windrädern oder die Genehmigung von Wasserstoffelektrolyseuren.
  • Das Land stärkt seine Vorbildrolle weiter: Für alle Ministerien und die Staatskanzlei wird eine Pflicht eingeführt, Klimaschutzbeauftrage zu bestellen, und die Klimaziele sind von den Vertreterinnen und Vertretern des Landes künftig auch in Aufsichtsratsgremien von Unternehmen zu berücksichtigen.

Ausbau der Photovoltaik wird weiter gestärkt:

  • Die bestehende PV-Pflicht wird ab 1.1.2025 auf den Bereich der grundlegenden Dachsanierung und der Sanierung von Parkplätzen ausgeweitet; der Schwellenwert bei Parkplätzen, bei dem die PV-Pflicht ausgelöst wird, wird von 50 auf 25 Stellplätzen gesenkt (Änderung Niedersächsische Bauordnung).
  • Zum Schutz landwirtschaftlich bedeutsamer Flächen werden Vorgaben für die Steuerung des Zubaus von Freiflächen-PV-Anlagen auf landwirtschaftlich wertvollen Böden als Grundsätze der Raumordnung festgelegt.
  • Zudem wird eine Regelung zur Nutzung landeseigener Flächen für Photovoltaik eingeführt.

Stärkung der Windenergie:

  • Die Verdopplung der Windenergiefläche von 1,1 Prozent auf 2,2 Prozent bis 2026 wird als gemeinsames Ziel von Land und Kommunen verankert ohne die Rechtsfolgen der Superprivilegierung (näheres regelt das Windbeschleunigungsgesetz).

Kein neuer Torf-Abbau in Niedersachsen:

  • Der bisher unter einem Genehmigungsvorbehalt stehende klimaschädliche Abbau von Torf (ca. 1,3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr) wird langfristig auslaufen und künftig gesetzlich verboten sein. Neue Genehmigungen werden nur bei Vorliegen der im Gesetz vorgesehenen Ausnahmevorschrift zur Umsetzung eines Natur- oder Klimaschutzprojektes etwa für eine großflächige Wiedervernässung zugelassen (Änderung des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes).
  • Bereits erteilte Genehmigungen zum Abbau von Torf bleiben vom Verbot unberührt.

Foto: Sven Brauers