Landkreis Holzminden (zir). Sie nehmen unterschiedliche Ausmaße an, betreffen meist die Beine, zeigen sich aber bei manchen auch an den Armen: Das Lipödem ist eine chronische Fettverteilungsstörung und sorgt für teils stark angeschwollene, wässrige und auch schmerzhafte Gliedmaßen. Nicht selten leiden Erkrankte unter Druck- und Berührungsschmerzen, einem Schwere- und Spannungsgefühl, der schnellen Bildung von blauen Flecken oder kalter und empfindlicher Haut. Sport oder Diäten bringen wenig bis gar nichts. Betroffen sind nahezu nur Frauen – äußerst selten auch Männer.
„Kämpferliebe – gemeinsam Kämpfen wir“ ist ein Fotoprojekt, gegründet von Natalie Koch. Das Ziel des Projekts ist es nicht nur, als Plattform Betroffene zusammenzubringen, sondern auch nach außen hin aufzuklären, was es mit der Krankheit auf sich hat. „Jede Frau, die an Lipödem erkrankt ist, kommt mit ihrer eigenen Geschichte zu uns“, erzählt Koch. „Manche von ihnen sind erst neulich an Lipödem erkrankt, manche tragen die Krankheit schon jahrelang mit sich, andere hatten bereits Operationen hinter sich“, heißt es weiter. Das Projekt habe mittlerweile eine hohe Resonanz. Zahlreiche Frauen aus dem Landkreis Holzminden und darüber hinaus seien bereits Mitglied der Initiative.
Fotoaktion als Zeichensetzung
Mit der Fotografin Claudia Warneke, die „Kämpferliebe“ bereits mehrfach ehrenamtlich begleitete, veranstaltete die Initiative eine besondere Fotoaktion am 12. September. Dabei setzten die Frauen auf farbenfrohe Symbole des Zusammenhalts. So trugen die Teilnehmerinnen weiße Shirts, auf die durch mit Textilfarbe bemalte Unterarme und Hände bunte Abdrücke gedrückt wurden. Zusätzlich umarmten sie sich gegenseitig, sodass die Farben nicht nur auf den Stoffen, sondern auch auf der Haut sichtbar wurden. Der Gedanke dahinter: „Du nimmst den Rückhalt, die Empathie und den Zusammenhalt dieser Treffen mit nach Hause“, erklärte Warneke.
Auch Initiatorin Natalie Koch betonte die Bedeutung der Bilder: „Bei jedem Shooting haben wir uns immer verschiedene Themen ausgesucht. So hatten wir schon dezentere Shootings mit Lichterketten oder in einem verlassenen Raum, aber auch auffällige Shootings mit Farben. Da die Krankheit mit viel Leid verbunden ist, sagen viele Frauen, dass das Bunt herausstrahlt.“ Daher kamen beim Shooting nicht nur farbige Rauchbomben, sondern auch Holi-Pulver zum Einsatz. Besonders wichtig sei ihr dabei die Symbolkraft der Fotografien: „Bilder sagen oft mehr als tausend Worte. Auf Bildern ist die Individualität der Krankheit sofort zu sehen.“
Drei Stadien des Lipödems
Die Ursachen hinter der Erkrankung sind noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird ein hormoneller Zusammenhang, da das Lipödem oft in hormonellen Umstellungsphasen wie Pubertät, Schwangerschaft oder den Wechseljahren auftritt. Auch eine genetische Komponente scheint eine Rolle zu spielen.
Unterteilt wird die Erkrankung in drei Stadien:
- Stadium 1: glattes Hautbild, gleichmäßig verdicktes, weiches Unterhautfettgewebe, optisch disproportionierte Körperform, Spannungs- und Schweregefühl in den Beinen
- Stadium 2: unebenes, grobknotiges Hautbild, verhärtetes, unregelmäßig verdicktes Unterhautfettgewebe, Schmerzen und Druckempfindlichkeit steigen, Umfang der Beine nimmt zu
- Stadium 3: das Hautbild ist stark uneben mit groben Knoten und großen Fettlappen, das Unterhautfettgewebe ist massiv verdickt, verhärtet und schwer, die Beine sind stark unförmig
Heilbar ist das Lipödem bisher nicht. Die Symptome lassen sich jedoch durch Kompressionstherapie, manuelle Lymphdrainage, Bewegungstherapie und Hautpflege lindern. Für eine dauerhafte Möglichkeit, Symptome zu lindern, bietet sich eine operative Maßnahme an. Die Liposuktion (Fettabsaugung) entfernt nicht nur das krankhafte Fettgewebe, sie lindert auch die Beschwerden.
Die Liposuktion ist mit hohen Kosten verbunden. So können nach Aufwand zwischen 2.300 und 8.000 Euro anfallen. Die Krankenkassen übernahmen die Kosten bisweilen nicht. Am 17. Juli jedoch entschied sich der Gemeinsame Bundesausschuss für eine Kostenübernahme durch Krankenkassen, die jedoch mit strengen Kriterien verbunden ist. So darf unter anderem keine Gewichtszunahme in den sechs Monaten vor der Indikationsstellung zur Liposuktion stattgefunden haben. Bei BMI-Werten zwischen 32 kg/m² und 35 kg/m² wird der sogenannte „Waist-to-Height-Ratio“ beziehungsweise das Taille-zu-Größe-Verhältnis hinzugezogen. Bei Werten über 35 kg/m² muss der Wert zunächst wieder gesenkt werden – die Krankenkasse übernimmt die Operation ab hier nicht mehr.
Betroffene Frauen, die Interesse an der Initiative haben und sich selbst aktiv einbringen wollen, können über Facebook oder Instagram melden.
Fotos: zir/Claudia Warneke