Beverungen (sst). „Früher durften die Ossis nicht raus, heute dürfen die Wessis nicht rein!“, beschreibt die Kaiserin für den vergangenen Freitagabend in der Stadthalle Beverungen um 20 Uhr die neuen politischen Verhältnisse in Deutschland. Die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart ernennt sich selbst für ihr Showprogramm zur Kaiserin über Österreich und Ostdeutschland und übt einen Regierungsstil aus, der eine Mischung aus Stalin und Sissi darstellt. Daraus entstand das Kofferwort Stasi als Name für die Kaiserin, deren Führungsstil auch einige Parallelen zur ehemaligen Staatssicherheit, ebenfalls Stasi, aufzeigt. Der Abend wurde engagiert von der Kulturgemeinschaft Beverungen und Umgebung sowie vom Kulturbüro OWL unter der Veranstaltungsreihe „Beverungen macht Ernst mit lustig“. Einen Monat lang führten dabei bekannte Kabarettisten ihre Shows auf. Lisa Eckhart und am folgenden Samstag Daphne de Luce setzten dabei den Schlusspunkt in der Kabarettreihe.

 Der menschenvolle Saal der Stadthalle richtet seinen Blick auf die Bühne: ein Stuhl, eher ein imposanter, goldener Thron. Das ist das Erste, was das Publikum sieht und die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Auf diesem Thron führt die Kaiserin durch den Abend. Verkleidet mit goldenem Kopf- und Halsschmuck wie eine Sonne und dazu passend zum Lied „Sonne“ legt die Kaiserin einen unvergesslichen Einlauf hin und das Publikum begrüßt sie mit viel Applaus. Mit kontrollierter Stimme sowie bestimmter Gestik und Mimik bringt sie die Zuschauer mit ihren zahlreichen Wortspielen und politischer Kritik zum Lachen: „Meine Machtergreifung zur Kaiserin über Österreich und Ostdeutschland hatte insbesondere das Ziel, die Menschen aus der Zwangsherrschaft zu befreien und zurück in die Diktatur zu führen! Zudem war es mir wichtig, die Ossis mit den Össis zu vereinen. Aufgrund dieses besonderen Anlasses dachte ich eigentlich, dass Scholz auch heute hier anwesend wäre, aber der hält ja bis Januar Winterschlaf und geht dann in die Sommerpause. Der Politik in Westdeutschland ist generell nicht mehr zu vertrauen. Deshalb sage ich: ‚Der Himmel ist blau, die Sonne lacht, das hat die SED gemacht!

Mittlerweile haben sogar die Sachsen die Niedersachsen eingenommen. Jeder Sachse bekommt nun einen Niedersachsen; wir sagen jetzt lieber Untersachsen. Ich glaube man merkt bereits meine kleine Abneigung gegenüber der Demokratie. Denn diese führt zu Demos mit Slogan wie ‚Wir sind das Volk. Wir sind das Volk‘. Aber warum sagen die das denn immer? Das sehe ich doch an deren Lumpen, dass sie das Volk sind. In Westdeutschland wird im Allgemeinen sehr viel gestreikt. Das merkt man nur nicht, denn sie müssten ja dafür erst einmal arbeiten, und die Home-Office-Leute müssten sich erst mal eine Hose anziehen. Bei mir gibt es so etwas nicht. Unter mir ist die Arbeit ein Privileg. Am 3. Oktober, dem Tag der offenen Mauer, dürfen die Wessis mal Ostdeutschland besichtigen. Es will allerdings keiner bleiben, weil es bei uns nicht so tolle Maschinen gibt wie im Westen. In Westdeutschland kann zum Beispiel keiner ‚vom Tellerwäscher zum Millionär‘ werden, weil sie alle Geschirrspüler haben. Zudem haben auch alle viel weniger Sex, weil es Vibratoren gibt. Arbeit ist aber das Allerwichtigste. Deshalb haben wir keinen Soda-Stream, sondern bei uns wird der Sprudel in die Flasche gefurzt von Laktoseintoleranten! Zudem habe ich das Rentenalter zwei Jahre über die Lebenserwartung angehoben und für Kinderarbeit im Bergbau gesorgt. Mein Regierungsstil ist also wie folgt zusammenzufassen: Ich reagiere nicht mit Zuckerbrot und Peitsche, sondern peitsche mit dem Zuckerbrot. Deshalb gibt es in meinem Reich auch nur zwei Geschlechter: Adel und Pöbel. Meine Geschlechtsumwandlung von Frau zu Mann hebe ich mir im Übrigen für die Menopause auf. Denn wenn schon Wechsel, dann richtig. Vielleicht kann ich ja dann doch noch Papst werden. Schließlich mag ich Latein, weiße Kleider und Jungs. Zudem ist die Kirche nicht schwulenfeindlich, weshalb ja auch alle Katholiken auf Knien beten, weil sie nicht mehr sitzen können.

Was das Thema Gendern im Allgemeinen angeht, gendere ich nur Frauen unter Körbchengröße B, damit sie als Frauen erkannt werden. Es fungiert als Art grammatikalischer Push-Up-BH. Diesen braucht Angela Merkel nicht, denn sie gendert sich selbst mithilfe der Raute, die sie mit ihren Händen formt und vor ihren Bikinibereich hält. Zu Beginn meiner Zeit als Kaiserin brauchte ich aber auch eine angemessene Wohnung. Ebendiese Angela Merkel hat mir vorgeschlagen, in die Wartburg zu ziehen. Aber ganz ehrlich, ich komme aus Österreich, mir stehen die Taliban näher als der Protestantismus! Aber auch mal abgesehen von der Wohnungssuche hat man so viel zu tun als Kaiserin: morgens besuche ich die Waisenhäuser, mittags die Krankenhäuser und abends die Frauen- und Irrenhäuser. Keine Sorge, Letztere sind voneinander getrennt, denn die Irren brauchen ja schließlich ihre Ruh.

Ich war letztens auch im Frauenhaus. Das war auch besser für meinen Mann, sonst hätte der vermutlich nicht nur einen blauen Fleck gehabt. Apropos mein Mann, der bezeichnet sich ja selbst als Klimaretter statt Alkoholiker. Kennt Ihr noch die Krombacher Regenwald-Pflanzaktion, bei der für eine Kiste Bier ein Baum gepflanzt wurde? Der Amazonasstamm muss meinen Mann als Gottheit ansehen bei den ganzen Bäumen, die durch ihn gepflanzt wurden.

Aus dem Dorf, aus dem ich stamme, hat man ebenfalls früh mit dem Trinken angefangen. Denn es galt: Das Mindestalter für Alkohol war äquivalent zu der Prozentzahl auf der Flasche. Also gab es Bier ab fünf, Sekt ab elf, Schnaps ab 14. Obwohl man den Alkohol bei mir heute nicht mehr merkt, muss ich trotzdem Zug fahren, weil ich eine Zumutung als Autofahrerin bin. Und wenn ich schon Leute umbringe, dann soll es schon Mord, statt ein Unfall sein. Die Bahn, die ich immer fahre, heißt im Übrigen Ostdeutsche Bahn, also OB. Dieser Begriff ist vielleicht auch gar nicht so unpassend, zumal der ICE bereits wie ein Tampon aussieht: weiß mit roten Schlieren.

Was zudem noch wichtig über mich zu wissen ist: Ich lebe nicht gern monogam, denn Gott gab uns schließlich nicht zehn Finger, um nur einen Ring zu tragen. Dies bringt alles Vorteile mit sich, beispielsweise muss ich die Selbstbefriedigung nicht mal mehr selbst machen. Für die jungen Leute: das nennt sich Sex. Aber Sex der heutigen Jugend kann man ja auch mit einer Kartenzahlung an der Kasse vergleichen: ‚Reicht dranhalten oder muss ich auch reinstecken?‘ Viel schwieriger ist es sogar noch, eine richtige Position zu finden. Von vorne ist zu offensiv, von hinten zu hinterfotzig. Das Einzige, was noch funktionieren würde, wäre die 69. Wobei, die meisten sind Veganer, die nehmen kein Fleisch in den Mund. Den Penis meines Mannes nenne ich übrigens Niki Lauda, weil am Köpfchen ein bisschen Haut fehlt. Bei meinem allerersten Mann mit einem beschnittenen Penis war ich geschockt, als er nicht mehr steif war. Er sah so aus, wie ein schlaff gewickelter Turban und unwissend wie ich war, dachte ich: ‚Ohgott, da klebt mein Jungfernhäutchen!

Aber das ist alles schon lange her, denn heute habe ich einen Sohn. Den musste ich allerdings erst einmal reinwaschen, weil ich mit einem Deutschen geschlafen habe. Ich wusste aber gar nicht, ob dieser aus Ost- oder sogar Westdeutschland kam! Dafür habe ich eine ganz besondere Waschmaschine: Erste Stufe= leicht verschmutzt. Zweite Stufe= stark verschmutzt. Dritte Stufe= ethnische Säuberung…

Naja, aber was pflegt man nicht immer zu sagen: ‚Der perfekte Stammbaum hat keine Äste!‘ Zudem hätte ich niemals Kapazität für ein zweites Kind. Erstens ginge ich mit meinem ersten Kind viel schlechter um, wenn ich wüsste, dass ich eins in Reserve hätte und zweitens bin ich alleinerziehend und hab einen Mann am Hals. Das soll jetzt nicht falsch verstanden werden, denn mein Mann und ich verstehen uns perfekt. Insbesondere dann, wenn wir nicht miteinander sprechen. Aber nun, wie die Jahre vergehen. Der Krieg zwischen Russland und Deutschland rückt immer näher. Allerdings braucht Deutschland gar keinen Krieg, wenn sie Land wollen, denn dann schmeißen sie einfach nur ein Handtuch hin und rufen ‚besetzt!’. Zudem bekommt Russland überhaupt gar keine Kriegsgenehmigung aufgrund der viel zu stark ausgeprägtem Bürokratie. Außerdem sollten viel mehr Frauen im Krieg kämpfen, denn diese sind die besten Panzerfahrer. Man stellt die Panzer einfach falsch herum an die Front und sagt ihnen, dass sie rückwärts einparken sollen. Der Gegner ist verloren.

Meine Oma sagt dann immer, dass früher alles besser war. Aber es gibt weder ein besser noch schlechter, denn es wird immer nur anders: Heute schießt der Südstaatler auf Schwarze, die sich seinem Haus nähern. Damals schoss der Südstaatler auf Schwarze, wenn die Schwarzen weggelaufen sind. Aber auch meine Zeit geht langsam dem Ende zu. Hitler hatte schließlich nur einen Hoden, ich habe nicht mal einen einzigen. Also sollte ich abdanken.“ Lisa Eckhart verabschiedete sich in diesem Zuge mit den Worten von Kaiser Franz Joseph: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut. Ich danke ab, und ich danke Ihnen!“ Großer Applaus zeugte von viel Begeisterung über die Darbietung der Kabarettistin.



Fotos: sst