Stadtoldendorf (rus). Wenn die Stadt Stadtoldendorf in der Historie mit wirtschaftlichen Betätigungsfeldern verbunden wird, dann ist dies zum einen die untrennbar mit der Homburgstadt verbundene Gipsindustrie, daneben aber insbesondere auch die Leineweberei, dessen Spuren aus längst vergangenen Zeiten auch heute noch sichtbar sind. Im Rahmen einer, sicherlich nicht nur für Historiker interessanten Exkursion bietet die KVHS dieses Jahr wieder eine Führung zu den Plätzen an, die seinerzeit zum Betriebsgelände der Weberei gehörten. Die Exkursion mit der Dozentin Jutta Henze findet am Freitag, den 31. Mai 2024 in der Zeit von 16.00 bis 19.00 Uhr statt, angemeldet werden kann sich unter der Kursnummer 110140241 direkt bei der Kreisvolkshochschule in Holzminden. Treffpunkt ist das Café Engel am Teichtorplatz, der Teilnahmebeitrag beträgt 8,00 Euro pro Person. Im Rahmen der Führung werden jene Plätze besucht, die zum Betriebsgelände der ehemaligen Weberei gehörten. Neben den noch bestehenden alten Gebäuden ist dabei auch der Wandel erkennbar, der sich in den letzten 30 Jahren vollzogen hat.

Noch Anfang des 19. Jahrhunderts wird Stadtoldendorf als gewerbsloser Ort beschrieben, der sich hauptsächlich vom Ackerbau, der Leinenweberei, vom Brauwesen und einigen Handwerkern ernähren kann. Bis in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts entsprach die bebaute Fläche der Stadt – bis auf wenige Ausnahmen – noch immer der Größe, wie sie durch Stadtmauer und Stadttore im 13. Jahrhundert umgrenzt worden war. Verdienstmöglichkeiten gab es zwar in den Sandstein- und Gipsbrüchen vor der Stadt, doch hatten diese wirtschaftlich nur regionale Bedeutung.

Ein Industriewerk im eigentlichen Sinne entstand erst mit der „Weberei A.J. Rothschild Söhne“. 1815 war die Familie Rothschild, die in Merxhausen einen Garn- und Leinenhandel betrieb, nach Stadtoldendorf umgesiedelt und errichtete dort einen Geschäftsneubau. Leinenweber nahmen das Garn ab und lieferten das fertige Leinen, das auf Handwebstühlen in der eigenen Wohnung hergestellt wurde, an den Händler. Mit dem Bau einer mechanischen Weberei vor der Stadt wurde 1869 begonnen. 1899 wurde in der Nähe des Bahnhofs ein neuer Websaal gebaut, der 820 Webstühle aufnehmen konnte. Ein Jahrzehnt später begann man in der Deenser Straße mit dem Bau des Eisenbeton-Hochbaus, der noch heute erhalten ist. Nach den beiden Weltkriegen konnte sich die Firma wirtschaftlich erholen und entwickeln. Am 1. April 1939 wurde ihr Name geändert in „Vereinigte Weberei Salzgitter-Stadtoldendorf“, 1957 erfolgte die Namensänderung in „Wilhelm Kübler + Co“.

Als Folge der allgemeinen Wirtschaftskrise in der Textilindustrie musste die Weberei in Stadtoldendorf im Februar 1982 Konkurs anmelden und schloss daraufhin für immer ihre Pforten. Einzelne Gebäudeteile wurden in den Folgejahren abgerissen, am Standort Hoopstraße entstand neben einem Hotelneubau auch ein Einkaufszentrum, heute Edeka, NKD und Stabilo, während das Werk II in der Deenser Straße noch heute nahezu vollständig vorhanden ist.

Foto: Stadtarchiv