Holzminden/Hannover (red). In einem kontroversen Urteil hat die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover entschieden, die Klage des Landkreises Holzminden auf Aberkennung des Ruhegehalts gegen den ehemaligen Leiter des Straßenverkehrsamtes abzuweisen. Der 1953 geborene Beamte, der 46 Jahre im Dienst des Landkreises stand, war im Juni 2002 zum Leiter des Straßenverkehrsamtes ernannt worden und befindet sich seit September 2015 im Ruhestand.
Die Klage des Landkreises basierte auf dem Vorwurf dienstrechtlichen Fehlverhaltens des Beamten während seiner aktiven Dienstzeit und im Ruhestand. Insbesondere ging es um den Verkauf von entwerteten Kfz-Schildern, die von Kunden in der Zulassungsstelle zurückgelassen wurden. Diese Praxis, die seit Jahrzehnten bestand, führte dazu, dass die erzielten Einnahmen für Mitarbeiterveranstaltungen verwendet wurden, wie beispielsweise Weihnachtsfeiern und Grünkohlessen.
Die Disziplinarkammer stellte fest, dass der Beamte Dienstpflichten verletzt hatte, indem er nicht hätte zulassen dürfen, dass Mitarbeiter die Kennzeichen verkaufen. Auch der Umgang mit Zuwendungen, die für die "Kaffeekasse" gesammelt wurden, verstieß gegen die Pflicht zu einem uneigennützigen Verhalten.
Trotz der festgestellten Dienstpflichtverletzung wies das Gericht die Klage auf Aberkennung des Ruhegehalts ab. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass in formeller Hinsicht keine Schlussanhörung erfolgt und der Kreisausschuss nicht an der Disziplinarklage beteiligt worden war. Materiell rechtfertigte das Fehlverhalten des Beamten nach Auffassung der Kammer keine schwerwiegende Disziplinarmaßnahme.
Die Kammer betonte, dass der Beamte ohne eigennützige Absichten und ohne "kriminelle Energie" gehandelt habe. Zudem fehlten klare innerdienstliche Weisungen im Umgang mit den zurückgelassenen Kfz-Kennzeichen. Der dem Landkreis entstandene Schaden wurde als gering eingestuft. Daher wäre nach Meinung der Disziplinarkammer allenfalls ein Verweis oder eine Geldbuße gerechtfertigt gewesen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden. Die Entscheidung hat in der Öffentlichkeit Diskussionen über die angemessene Ahndung von Dienstpflichtverletzungen von Beamten ausgelöst.