Holzminden (red). Mit den frühlingshaften Temperaturen in Deutschland sind mittlerweile die meisten Schwalben aus ihrem Winterquartier in Afrika zurückgekehrt. Doch leider gehen die Bestände der fliegenden Glücksboten von Jahr zu Jahr weiter zurück. Waren beide Arten jahrhundertelang ganz selbstverständliche Mitbewohner in unseren Dörfern und Städten, werden gerade hier die für sie geeigneten Nistmöglichkeiten immer weniger, sodass die Vögel deutlich seltener am Himmel zu beobachten sind. In Niedersachsen ist die Rauchschwalbe bereits gefährdet, die Mehlschwalbe steht auf der Vorwarnliste der Roten Liste Niedersachsens. Glücklicherweise setzen sich immer mehr Hausbesitzende für den Schutz „Ihrer Schwalben“ ein und auch nach der jetzigen Rückkehr ist die Unterstützung noch möglich und sehr sinnvoll. Die Kulturfolger fühlen sich in einer von Menschen geprägten Umgebung grundsätzlich wohl, dennoch ist es notwendig, ihnen gute Nisthilfen und -bedingungen anzubieten, da natürliche Brutstandorte mittlerweile selten geworden sind.

„Wegen der trockenen Böden finden die Segelkünstler kein geeignetes Nistmaterial“ sagt Britta Raabe von der Regionalgeschäftsstelle Weserbergland. Auch durch die weitgehende Flächenversiegelung im ländlichen und auch im städtischen Raum finden Schwalben immer weniger Material, um ihre Nester zu bauen. Zwar suchen sie in jedem Jahr ihre alten Nester wieder auf, aber diese werden oft mutwillig und illegal entfernt, wodurch sie auf einen "Neubau" angewiesen sind. Dafür brauchen sie allerdings genug feuchte Lehm- und Erdvorkommen, die in der freien Natur stark zurückgehen. Aus dem Mangel an feuchten Lehm- und Erdböden folgt, dass die Nester der Rauch- und Mehlschwalben teilweise nicht richtig fertig gebaut werden können. Sie sind instabil und drohen, auseinanderzubrechen. Dadurch sind nicht nur die Jungvögel in Gefahr, die Nester halten den Witterungsbedingungen auch weniger stand und werden im nächsten Jahr eventuell nicht mehr vorhanden sein.

Schwalben und Mauerseglern kann geholfen werden

Um Schwalben beim Nestbau zu helfen, empfiehlt die Naturschützerin, Lehm- oder Schlammpfützen künstlich anzulegen - denn Schwalben bauen ihre Nester normalerweise aus Lehm- und Pflanzenteilen. Aus dem feuchten Material formen sich die Vögel kleine halbkugelförmige Kügelchen, welche sie an Hauswände oder unter Dachvorsprünge an die Wände kleben. Ein Lehmnest besteht aus bis zu 1500 gesammelten Lehmkügelchen. So sind sowohl Rauch- als auch Mehlschwalben beim Nestbau auf feuchte Böden angewiesen, doch nicht asphaltierte Feldwege und Hofeinfahrten sind heute eine Seltenheit. Wenn keine Bachufer oder Pfützen in der näheren Umgebung vorhanden sind, nehmen die Schwalben auch gern künstlich angelegte Stellen an.

Wer über einen Garten verfügt oder an einem unbefestigten Weg wohnt, kann eine eigene kleine Pfütze anlegen oder Lehmwannen aufstellen. Diese müssen bis Juli immer feucht gehalten werden, um die Schwalben gerade in der Bauzeit mit Material zu versorgen. Ideale Standorte für Lehmwannen sind auch Carports, Gargen- oder andere Flachdächer. Wichtig ist, dass die Schwalben freien Zuflug haben. Wenn der Boden eher sandig ist, empfiehlt es sich, lehmiges Material in die Pfütze zu legen. Alternativ können Sie einfach eine große Schale mit lehmhaltigem Material anbieten. „Eine alte SAT-Schüssel, bei der man die Aufnahmelöcher wasserdicht verschließt, hat sich wunderbar bewährt“ freut sich Raabe. Die ihre hat sie beim örtlichen Bauhof bekommen. 

Brutplätze sind schwer zu finden

Eine der weiteren Ursachen des Rückganges der Schwalben und Segler ist der fortschreitende Verlust von Nistmöglichkeiten. Während früher in jedem Kuhstall Platz für mehrere Rauchschwalbenpaare war, sind heute viele Viehställe verschlossen – sofern es sie überhaupt noch gibt. Mehlschwalbennester fallen oft den teilweise überzogenen Hygienevorstellungen einiger Hausbesitzer zu Opfer und werden nicht selten illegal von der Hauswand entfernt. Lange kalte Winter tun das ihrige dazu. „Vor allem ist es aber auch wichtig, Schwalben an unseren Häusern zu dulden“, wünscht sich Raabe. Vielen ist nicht bekannt, dass Schwalbennester ganzjährig geschützt sind. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 Bundesnaturschutz ist es verboten, „Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören“. Ein Verstoß gegen das Verbot ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Sofern bei Bau- oder Reparaturarbeiten an oder in Gebäuden Schwalbennester beseitigt werden müssen, bedarf es einer Ausnahmegenehmigung durch die Untere Naturschutzbehörde.

Darüber hinaus können unter dem Dachvorsprung spezielle Kunstnester angebracht werden, die es im Handel zu kaufen gibt oder die mit etwas Geschick selbst gebaut werden können. Für das Anbringen von Mauersegler-Nistkästen sind Häuser, Hallen, Scheunen und andere Plätze geeignet, an denen eine Anbringungshöhe von mindestens sechs Metern möglichst nicht unterschritten werden sollte. Der NABU hält in der Geschäftsstelle in Obernkirchen ebenfalls Nisthilfen für Schwalben und Mauersegler bereit.

Schwalben unterscheiden

Die Mehlschwalbe ist etwas kleiner und kompakter als die Rauchschwalbe. Der kurze Schwanz ist breit gegabelt. Oberseite und Flügel sind schwarz, wobei Kopf und Rücken metallisch blau glänzen. Unterseite und Bürzel leuchten weiß. Die Kehle des Männchens ist rein weiß, die des Weibchens wirkt etwas schmutzig. Mehlschwalben brüten in Kolonien und sind auch außerhalb der Brutzeit in großen Schwärmen anzutreffen. Sie bauen runde und beinah geschlossene Lehmnester kunstvoll an Gebäuden unter Dach- oder Fassadenvorsprüngen und an Felswänden in Nischen. Insekten fangen sie oft im raschen Flug in großer Höhe. Zur Nahrungssuche bevorzugen sie offenes Gelände, zum Nestbau Ortschaften mit höheren Gebäuden. Gerne halten sie sich in insektenreicher Gewässernähe auf. Fluginsekten wie Fliegen, Mücken und Blattläuse sind die Nahrung der Mehlschwalbe. Im Herbst brechen Mehlschwalben nach Afrika auf, Durchzügler aus dem Nordosten Europas ziehen dann bei uns durch. Im Frühjahr geht es zurück ins Brutgebiet.

Auf dem Lande sind Rauchschwalben alltägliche Begleiter und Anzeiger für Wetterumschwünge. „Die Schwalben fliegen tief“ ist ein Hinweis auf nahendes Regenwetter. Die Schwalben folgen dann nämlich ihrem Futter, das sich tiefdruckbedingt näher am Boden aufhält. Im Sommer kann man ihnen stundenlang bei ihren Flugmanövern zusehen. Rauchschwalben fliegen bis zu 20 Meter pro Sekunde bei vier bis zehn Flügelschlägen. Erwachsene Rauchschwalben zeichnen sich durch ihr braunrotes Gesicht aus. Jüngere Schwalben sind eher rötlich-beige. Das Gefieder ist glänzend blauschwarz, die Unterseite weiß. Das schwarze Brustband kann man gut sehen. Im Flug erkennt man sie am besten an ihrem tief gegabelten Schwanz mit den langen Spießen. Rauchschwalben bauen ihre Schlammnester an Durchgängen und Stallöffnungen. Ihre Nahrung fangen sie vor allem im Flug. Dabei flitzen sie je nach Wetter nah am Boden oder über der Teichoberfläche entlang. Man trifft sie vor allem in größeren Ansammlungen an. Bei der Insektenjagd fliegen sie im Luftraum unter den Mehlschwalben. Als Lebensraum bevorzugen sie ländliche Gegenden mit offenen Scheunen, Ställen und verwinkelten Gebäuden. Ihre Nester bauen sie bevorzugt an Höhleneingängen und ähnlichen Strukturen. Naheliegende kleine Gewässer gewähren die Versorgung mit Insekten. Die Nahrung besteht aus fliegenden Insekten, hauptsächlich Fliegen und Mücken, oder Spinnen. Die Rauchschwalbe ist ein Sommervogel. Sie kommt vor den Mehlschwalben und fliegt nach ihnen in ihr Überwinterungsgebiet in Afrika.

Hintergrund der „Schwalbenplakette“

Mit der Aktion „Schwalbenfreundliches Haus“ hofft der NABU Niedersachsen auch in Zukunft dazu beizutragen, die Akzeptanz für Schwalben und ihre Nester in der Nähe des Menschen zu erhöhen sowie bestehende Quartiere zu erhalten und neue zu schaffen. „Menschen, die sich für Schwalben engagieren und an ihren Häusern dulden, können sich jederzeit für die Auszeichnung mit einer Plakette und Urkunde ‚Schwalbenfreundliches Haus‘ bewerben, ganz gleich, ob es sich bei dem Gebäude um ein Wohnhaus, Hotel, Bauernhof oder Fabrikgebäude handelt“, lädt die Geschäftsstellenleiterin Interessierte zur Teilnahme ein. Wer den Schwalben in Niedersachsen ebenfalls Unterschlupf gewährt und Interesse an der Auszeichnung hat, der kann sich beim NABU melden. Per E-Mail oder Post kann man sich mit einem ausgefüllten Antrag für die beliebte Plakette bewerben. Diesen kann man entweder im Internet unter www.NABU-niedersachsen.de/schwalben herunterladen oder einfach bei der NABU Regionalgeschäftsstelle Weserbergland unter 05724-3993535 abfragen.

  • Der NABU-„Leitfaden für den Schwalbenschutz“ gibt ausführliche Hilfestellungen, wie den Schwalben geholfen werden kann:
    www.nabu-niedersachsen.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/schwalben-willkommen

  • Auch ein kleines Info-Paket, bestehend aus einer umfangreichen Bauplansammlung für Nisthilfen aller Art sowie der reich bebilderten Broschüre „Vögel im Garten“, kann gegen Einsendung von fünf Euro angefordert werden bei der NABU Regionalgeschäftsstelle Weserbergland, Stichwort „Vögel im Garten“, Bergamtstraße 12, 31683 Obernkirchen.
  • Zum Vormerken: „Stunde der Gartenvögel“, NABU-Vogelzählaktion vom 13. bis 15. Mai 2022
    Eine Stunde lang vom Fenster oder Balkon aus, auf der Terrasse, im Garten oder im Park die Vielfalt der Vogelwelt beobachten, die Vögel notieren und melden. Alle Infos online unter www.stunde-der-gartenvoegel.de.

  • NABU-Naturtelefon:  030.28 49 84-60 00

Foto: Kathy Büscher