Holzminden (red). Thema Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern scheint Eltern und Lehrerschaft zurzeit besonders zu beschäftigen. Diesen Schluss lässt das große Interesse am Landtagsstammtisch von Uwe Schünemann zu. Ganz offensichtlich gibt es noch viele offene Fragen. Dabei besteht bereits ab August 2026 ein Rechtsanspruch auf ein verbindliches Angebot an 5 Tagen die Woche für 8 Stunden und für 48 Wochen im Jahr. Auch wenn das zunächst nur für die 1. Klasse gilt, ist das ein ambitioniertes Ziel. Denn nach Auskunft aller geladenen Experten fehlen die konkreten Vorgaben der Kultusministerin für die Umsetzung.
Dies Versäumnis prangert der bildungspolitische Sprecher der CDU Landtagsfraktion, Christian Fühner, mit deutlichen Worten an: „Mir ist völlig unverständlich, wie man die Schulen, die Kommunen und die außerschulischen Kooperationspartner bei dieser so wichtigen Aufgabe so im Regen stehen lassen kann.“
Der Verein für Sozialpädagogik ist zwar bereits an einigen Schulen tätig, nur die Rahmenbedingungen sind nach wie vor unzureichend. „Gern würden wir noch qualifiziertere Betreuung anbieten“, so der Geschäftsführer Marc Rolirad. „Ohne festgelegte Qualitätsstandards mit auskömmlicher Finanzierungszusage ist das von niemandem leistbar“.
Gern würden sich Sportvereine in den Grundschulganztag einbringen. „Das ist eine große Chance, Kinder an den Vereinssport heranzuführen“, meint Kreissportbundgeschäftsführer Steve Sander. Aber auch dafür seien verlässliche Bedingungen notwendig. Wer im Sportverein die Kinder trainiert, müsse dies auch in den Schulen dürfen. Eine Möglichkeit wäre auch der Einsatz von Bundesfreiwilligendienstleistenden, die sowohl im Verein als auch in der Schule tätig werden könnten.
Die Musikschule Holzminden kooperiert seit längerer Zeit mit den Schulen im Landkreis. Aber auch hierfür fehlt die Fortschreibung des Grundlagenvertrages zwischen der Landesregierung und dem Landesverband der Musikschulen. Deren Sprecher für Ganztagsschulen, Alexander Käberich, begrüßt die Aussage der Kultusministerin, dass Bildungsqualität bei der Ganztagsbetreuung im Vordergrund stehen müsste. Dafür müssten nun aber auch zeitnah, die Voraussetzungen geschaffen werden. „Das Kollegium der Musikschulen steht zuallererst vormittags zur Verfügung“, so der Leiter der Musikschule Holzminden. Um dieses zu ermöglichen, sollte der Ganztag flexibler gestaltet werden. Voraussetzung dafür wäre originärer Schulunterricht auch am Nachmittag.
Bisher sind die Nachmittagsangebote an Grundschulen im Landkreis Holzminden freiwillig. Für die wünschenswerte Flexibilität müsste auf ein „teilgebundenes“ Angebot gewechselt werden. Dabei wäre der Nachmittag an einigen Tagen verbindlich. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Eltern von einem solchen Modell noch überzeugt werden müssten. Aus der Lehrerschaft wurden die pädagogischen Vorteile eines solchen Systems betont.
Zuständig für die Ausgestaltung der Ganztagsbetreuung sind die Schulvorstände. Solange das Land die Ganztagsschule nicht als Regelschulangebot gesetzlich vorschreibt, müssen die Schulträger und damit die Gemeinden für die Finanzierung sorgen. Das Land fördert lediglich das Angebot durch Lehrkraftzuweisungsstunden, die zum Teil kapitalisiert werden können. „Der bestehende Erlass berücksichtigt weder die zusätzlichen Anforderungen durch den Rechtsanspruch noch die notwendige Flexibilität insbesondere für externe Anbieter“, machten die Vertreter der Kommunen deutlich.
„Wir wollen für unsere Kinder optimale Bedingungen schaffen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen“, verspricht Samtgemeindebürgermeister Thomas Junker. Deshalb würde seit Jahren ein qualifiziertes Ganztagsangebot der Schlossschule von der Samtgemeinde Bevern als freiwillige Leistung mit hohen Summen finanziert. Die Belastungsgrenze der Kommunen sei allerdings längst erreicht.
Uwe Schünemann wies darauf hin, dass formal der Landkreis auf Grundlage des Sozialgesetzbuchs VIII für die Umsetzung des Rechtsanspruchs verantwortlich sei. Erste Koordinierungsgespräche mit den Schulträgern hätten bereits mit den Hauptverwaltungsbeamten stattgefunden. Wichtig sei aber, dass die Schulvorstände einbezogen würden. Bis zum Oktober dieses Jahres könnten noch Investitionsfördermittel beantragt werden. Da würde es Zeit, die Förderanträge vorzubereiten.
„Ich habe den Eindruck, dass die Zusammenarbeit auf Kreisebene noch intensiver stattfinden sollte“, meint der CDU Landtagsabgeordneter. Die Vorteile der teilgebundenen Ganztagsschule müssten noch stärker mit den Eltern diskutiert werden. Als Fazit kündigte Uwe Schünemann eine Kreistagsinitiative mit entsprechenden Forderungen an. Aber auch auf Bundes- und Landesebene wolle man bessere Rahmenbedingungen einfordern. Durch die Ernennung von Mareike Lotte Wulf zur parlamentarischen Staatsekretären seien die Einflussnahme auf das Bundesbildungsministerium erheblich verbessert worden.
Foto: Sabine Echzell