Stadtoldendorf (kp). In der Homburgstadt ist man sich einig: Der Schulstandort Stadtoldendorf soll erhalten bleiben. „Alle kommen zu Wort“, hatte Bürgermeister Helmut Affelt angekündigt, als er, zusammen mit Stadtdirektor Wolfgang Anders, zu einer Pressekonferenz in das Alte Rathaus eingeladen hatte. Vertreter (fast) aller Ratsfraktionen, Elternvertreter (Grundschule und OBS) sowie die Schulleitung der Homburg-Schule als auch der Förderverein Homburg-Schule argumentierten geschlossen gegen eine drohende Schließung der Oberschule in Stadtoldendorf. Grundlage für den Gesprächsbedarf sind die von der Kreisverwaltung vorgeschlagenen Varianten zur Veränderung der Schullandschaft im Landkreis Holzminden (Wir berichteten).

Rückblick: In seiner Zwischenbilanz zum Bildungsgipfel präsentierte Landrat Michael Schünemann zwei Varianten, von denen jede, würden sie beschlossen werden, die Schließung von einzelnen Schulen bedingen würde. Die Schließung der Oberschule Stadtoldendorf wäre demnach beschlossen, sollte die Variante 1 eine Mehrheit im Kreistag finden. Jene Variante sieht zwei zentrale Schulstandorte (Holzminden und Eschershausen mit IGS-Neubau) im Kreis Holzminden vor. Die zweite Variante erwägt mit Oberschulen in Holzminden, Stadtoldendorf und Bodenwerder die Errichtung von drei zentralen Schulstandorten. Ein Kreistagsbeschluss und damit eine Entscheidung über die zukünftige Schullandschaft im Landkreis soll bereits für die Sitzung im Oktober anvisiert werden.

Affelt: Homburg-Schule kann zukünftig sogar vierzügig sein

„Nun wird sich Stadtoldendorf zu den Plänen äußern“, verkündet Helmut Affelt am Dienstagabend. In seiner 20-jährigen Amtszeit als Bürgermeister habe er bereits mehrere Standortschließungen miterleben müssen. „Da waren die Bundeswehr, das Krankenhaus und auch noch die letzten Auswirkungen der Weberei-Schließung“, so Affelt und ergänzt dann, „aber einen Untergang der Oberschule kann ich mir einfach nicht vorstellen.“ Stadtoldendorf habe im gesamten Kreis Holzminden die höchste Anzahl an Wohnhausneubauten und eine stimmige Geburtenrate. „Die Geburtenrate ist so, dass eine Oberschule in Stadtoldendorf zukünftig zwei-, drei- oder sogar vierzügig möglich ist“, rechnet der Bürgermeister vor. Und dass Schüler aus den Randbezirken bei einem IGS-Neubau ausschließlich Eschershausen ansteuern würden, glaube er nicht.

Wie wichtig der Schulstandort Stadtoldendorf sowohl für Schüler als auch für die hiesigen mittelständischen Betriebe sei, erläutert die Leiterin der Homburg-Schule. Das Konzept der Oberschule Stadtoldendorf basiere auf „Wohnortnähe“, so Rita Hartwig. 60 Prozent aller Schüler erreichen die Schule zu Fuß, sagt sie. Das sei wichtig, da viele Eltern für längere Schulwege nicht über die nötigen Verkehrsmittel verfügen. Darüber hinaus lege die Schule viel Wert auf eine berufsorientierte Schulbildung. „Wir arbeiten sehr eng, zum Beispiel im Rahmen von Praktika, mit den örtlichen Betrieben zusammen“, führt Rita Hartwig aus. Dies sei für die schulische Bildung sehr wichtig. „Wir sind die einzige Schule im Landkreis, von der anschließend 50 Prozent der Schüler in eine betriebliche Ausbildung gehen“, weiß die Schulleiterin. Die andere Hälfte besuche nach dem Abschluss an der Homburg-Schule die BBS Holzminden oder andere Schulen.

Wie wichtig die Schulpraktika auch für die hiesigen Unternehmen sind, bestätigt Nadine Schmidt. „Die mittelständischen Unternehmen profitieren seit Jahren von den Praktikanten der OBS“, sagt die Elternvertreterin der Grundschule. Ähnlich argumentiert Elternvertreter Alexander Burose. „Die Angebote der Homburg-Schule sind an der Berufsorientierung ausgelegt, viele bleiben dadurch hier im Landkreis“, fügt er hinzu. Deutliche Kritik zur Thematik kommt von Kerstin Wiest vom Förderverein Homburg-Schule. Den Schulen werde das Gefühl vermittelt Ballast zu sein. „Schulen müssen sich ständig rechtfertigen“, sagt sie in Anbetracht der aktuellen Planungen zur Schullandschaft.

Bei Schulschließung: Handball-Oberliga-Betrieb in Gefahr?

Schließlich positionierte sich auch die Stadtoldendorfer Politik (die FDP ließ sich entschuldigen) und bekannte sich zum Schulstandort. Thorsten Becker, stellvertretend für die SPD-Fraktion, zeigte sich „schockiert“ über die Planungen. Er sprach von der hervorragenden Infrastruktur (Schule, Sportplatz, Sporthalle, Schwimmbad), die durch eine Schulschließung verloren ginge. Argumente fand er auch in zweiter Funktion als TV 87-Vorsitzender. In Richtung Handball-Sport sagt er: „Der Oberliga-Betrieb könne sich quasi abmelden.“ Der Grund: Der Verein könne die Kosten für die Rumbruchshalle niemals allein aufbringen. Jene gehöre jedoch zu den Rahmenbedingungen für den Spielbetrieb in der Oberliga.

Alexander Sudermann für die UWG und Lucian Kubas für die CDU-Fraktion sprachen sich ebenso für den Schulstandort Stadtoldendorf aus. Sudermann setzt dabei auf eine sachliche Diskussion und fordert Transparenz bei den Planungen, die bisher weder in der Politik noch in der Bevölkerung vorhanden seien. In der Stadtoldendorfer Bevölkerung werde es zudem keine Zustimmung für eine Schulschließung geben, fügt Lucian Kubas ergänzend hinzu. Thorsten Maiwald benennt für die Gruppe Grüne/Maiwald in einer schriftlichen Stellungnahme die Schülerbewegungen im Kreis Holzminden als entscheidendes Kriterium. „Es kann doch nicht sein, dass wir alle Schüler*innen aus den Orten, an denen auch die meisten Schüler*innen leben, in andere Orte transportieren“, schreibt er. Und weiter: „Stadtoldendorf ist immerhin der zweitgrößte Ort des Landkreises.“

Arbeitskreis zur Standortsicherung gegründet

Insgesamt gebe es noch zu viele ungeklärte Fragen, fasst der Stadtdirektor zusammen. Bei der aktuellen Diskussion werde zudem die hervorragende Arbeit, die an den Oberschulen und der HRS stattfindet, völlig vernachlässigt. Würden flächendeckend Schulen verschwinden, verlöre der Landkreis Identität und Attraktivität. Dennoch: Von den infrage kommenden Varianten werde er sich für die zweite und somit für den Erhalt der Homburg-Schule aussprechen. „In der Homburg-Oberschule sind die Schülerzahlen wesentlich stabiler und größer als in allen anderen Schulstandorten im Nordkreis“, so Wolfgang Anders.

Zum Schluss der Pressekonferenz geben Bürgermeister und Stadtdirektor bekannt, dass sich vor drei Wochen der „Arbeitskreis zur Standortsicherung“ gegründet hat. Im Rahmen dieses offenen Arbeitskreises soll keine emotionale, sondern eine sachdienliche Diskussion zum Thema Schullandschaft im Kreis Holzminden gefördert werden. Auf Vorschlag von Ratsfrau Silke Böker versuche der Bürgermeister für ein nächstes Treffen des Arbeitskreises sämtliche Kreistagsabgeordneten aus der Samtgemeinde an einen Tisch zu setzen. Neben Helmut Affelt wären das Hans-Dieter Steenbock, Theo Krause, Karl Dehne, Stephan Reinisch und Hartmut Kumlehn. „Wir wollen versuchen, einheitliche Stimmen zu finden“, sagt Bürgermeister Affelt. Und das noch möglichst vor der politischen Sommerpause, denn die Zeit wird knapp.

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Foto: rus