Kaierde (zir). In der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“, die am 26. November ausgestrahlt wurde, wurde der Überfall auf einen 91-jährigen Mann aus Kaierde detailliert nachgestellt. Die Rekonstruktion zeigte, wie sich am 29. Februar 2024 zwei unbekannte Männer Zugang zu dem Wohnhaus des Seniors verschafften, während dieser sein tägliches Abendtelefonat mit seiner Enkelin führte.
Nach dem Gespräch sah der ehemalige Konditor ein Fußballspiel im Fernsehen, als er Geräusche aus einem anderen Raum hörte. Als er zur Wohnzimmertür ging, stieß er auf zwei Unbekannte, die ihn zurück ins Zimmer zerrten und mit Panzertape an einen Stuhl fesselten. Die Täter fragten mehrfach nach Geld und Wertgegenständen, fanden jedoch nichts und nahmen dem Senior schließlich seinen Ehering ab. Der 91-Jährige blieb mehr als 18 Stunden gefesselt zurück.
Erst am Morgen gelang es ihm, sich zu befreien. Er rief sofort seine Enkelin an und berichtete vom Überfall. Da der Anruf untypisch war, schenkte sie seinen Worten zunächst keinen Glauben und schickte einen Bekannten zum Haus. Dieser sah schnell, dass der Senior Hilfe benötigte, und alarmierte Polizei und Angehörige.
In der Sendung erläuterten Kriminalhauptkommissar Ralf Schreck von der Polizei Holzminden und Kriminalhauptkommissar Oliver Ernst von der Polizei Vechta, warum zwei Dienststellen an dem Fall arbeiten. Sie erklärten, dass ein möglicher Zusammenhang zu einem Überfall in Goldenstedt bestehe, bei dem eine 59-jährige Frau gefesselt und mit Pfefferspray sowie Elektroschocker attackiert wurde.
Während der 91-Jährige die Täter nur grob beschreiben konnte – unmaskiert, Hochdeutsch sprechend –, lieferte die Frau aus Goldenstedt detaillierte Angaben:
Erster Täter:
- etwa 40 Jahre alt
- rund 1,55 Meter groß, schlank
- rundes, faltiges Gesicht
- ungepflegtes Erscheinungsbild, unrasiert
- hohe Stirn
- schmutzige grau-beige Arbeitsschuhe
- langes Sweatshirt
- sprach kein Deutsch
Komplize:
- 35 bis 40 Jahre alt
- athletisch gebaut
- 1,80 bis 1,85 Meter groß
- Glatze oder sehr kurze Haare
- starke Augenbrauen
- dunkler Teint
- orangefarbene Warnweste, saubere Schuhe
- sprach gebrochen Deutsch
In der Sendung wurde außerdem erläutert, dass der 91-Jährige im Jahr 2019 seine Bäckerei mit Wohnhaus verkauft hatte. Die Ermittler vermuten daher, dass die Täter möglicherweise annahmen, es befänden sich noch Geldbestände oder Vermögen im Haus.
Hinweise zur Flucht und möglichen Tätern
Laut der Ermittlungen gelangten die Täter über die Sormannstraße nach Kaierde und nutzten denselben Weg zur Flucht. Über die Straße „Mittal“ fuhren sie offenbar nach Delligsen. Am Ortseingang wurden Handschuhe und Tape gefunden. Außerdem wurde ein Fußabdruck sichergestellt, die zu Schuhen der Marke „Nike“, Modell „AirMax 720“ passen.
Außerdem ergaben DNA-Spuren eine Verbindung: Mindestens einer der Täter muss an beiden Tatorten gewesen sein. Zudem fanden zur Tatzeit Erdarbeiten und Glasfaserverlegungen statt – ein Hinweis darauf, dass die Täter möglicherweise in der Bau- oder Leitungsbranche tätig waren oder dort gearbeitet haben könnten. Die unterschiedlichen Sprachweisen – Hochdeutsch in Kaierde, gebrochenes Deutsch in Goldenstedt – könnten laut Ermittlern darauf zurückzuführen sein, dass die Täter ihre Sprechweise bewusst veränderten.
Aktueller Stand nach der Sendung
Nach der Ausstrahlung von „Aktenzeichen XY“ gingen bei der Polizeiinspektion Cloppenburg/Vechta eine kleinere zweistellige Anzahl an Hinweisen ein, die derzeit durch die Ermittler ausgewertet werden. Bei der Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont/Holzminden trafen zunächst rund 30 Hinweise ein. Über das darauffolgende Wochenende kamen weitere Meldungen hinzu, sodass sich die Gesamtsumme inzwischen im mittleren zweistelligen Bereich bewegt.
„Diesen Hinweisen wird derzeit nachgegangen, wobei einzelne als vielversprechend bewertet werden“, teilte Pressesprecherin und Polizeikommissarin Stefanie Ockenfeld von der Polizei Hameln-Pyrmont/Holzminden auf Anfrage der Redaktion mit. Sie ergänzte, dass die Auswertung der Hinweise weiterhin andauere.
Polizei nimmt weiterhin Hinweise entgegen
In der Sendung wurden mehrere offene Fragen hervorgehoben:
- Wer hat am 29. Februar oder 1. März in Kaierde oder Umgebung auffällige Personen oder Fahrzeuge beobachtet?
- Wo wurde in Gegenwart unbekannter Personen über den Hausverkauf gesprochen?
- Wer zeigte vor der Tat Interesse an dem Objekt?
Hinweise nimmt die Kriminalpolizei Holzminden unter 05531 9580 sowie die Kriminalpolizei Vechta unter 04441 943200 entgegen. Für sachdienliche Hinweise ist von der Staatsanwaltschaft Holzminden eine Belohnung von 5000 Euro ausgelobt. Hinweise können außerdem an
Foto: ZDF/Nadine Rupp (Titel), Polizeiinspektion Cloppenburg/Vechta (Phantombild).